Erfreulicherweise erholt sich die Event-Branche langsam aber kontinuierlich wieder von der Corona-Krise. Firmenevents werden wieder gebucht, Incentives finden wieder vermehrt statt. Allerdings hat sich das Handling bei der Organisation von Event-Veranstaltungen zwischenzeitlich geändert. Dies beruht auf einer steuerlichen Änderung mit großer Wirkung auf die Branche. Diese Änderung hatte in den letzten beiden Jahren aufgrund der schwachen Auftragslage und zahlreicher anderer in den Vordergrund stehender Neuregelungen und Herausforderungen kaum Beachtung gefunden.
Änderungen bei Preiskalkulation und Rechnungsstellung
Inzwischen läuft das Firmengeschäft wieder an und damit gilt für Firmenkunden und Event-Veranstalter gleichermaßen, die Gesetzesänderungen im Event-Bereich zu kennen und umzusetzen. Unternehmen, die Dienstleistungen für Events einkaufen und an andere Unternehmen weiterveräußern, beachten spätestens seit 2022 neue Regelungen der Umsatzbesteuerung. Bei der Weiterveräußerung ihrer Leistungspakete müssen sie jetzt ein anderes Besteuerungssystem beachten, nämlich die Margenbesteuerung. Hotelübernachtungen, Unterhaltungs- und Besichtigungsprogramme oder Bustransfers sind spätestens seit 2022 auf andere Art und Weise zu kalkulieren und dem Firmenkunden in Rechnung zu stellen. Hier stehen die Abrechnungswünsche des Firmenkunden oft im Widerspruch zu den geltenden gesetzlichen Vorgaben.
Die Margensteuer ist die Umsatzsteuer auf Reise- und Eventleistungen. Sie beträgt für Veranstaltungen innerhalb Deutschlands und im Gebiet der Europäischen Union 19 Prozent. Allerdings fällt sie nicht aus dem gesamten Erlös des Events an; sie ist lediglich aus dem Unterschiedsbetrag aus Verkaufspreis des Events und den Kosten inkl. inländischer oder EU-Umsatzsteuern des Einkaufs der einzelnen Event-Elemente zu ermitteln. Unbedingt zu berücksichtigen beim Einkauf der Leistungsbestandteile für die korrekte Berechnung der Margensteuer sind zwei Punkte:
- Für den Einkauf der einzelnen Event-Bestandteile oder-Programmpunkte wie Hotel, Transfers, Betreuung, Unterhaltungsprogramm usw. kann die Event-Agentur keinen Vorsteuerabzug und keine Vorsteuervergütung mehr beanspruchen.
- Beim Einkauf dieser Leistungen im Ausland ohne Umsatzsteuer, hat die Event-Agentur oft noch die Umsatzsteuer auf den Einkauf im Reverse-Charge-Verfahren abzuführen. Dies schmälert ihren Gewinnaufschlag. Die Margensteuer reduziert sich entsprechend.
Ausnahmen für bestimmte MICE-Veranstaltungen
Die Margenbesteuerung hat den Effekt, Event-Produkte zu verteuern. Eine Ausnahme von der Margenbesteuerung sieht die Finanzverwaltung nur für die MICE-Branche vor. Allerdings ist diese Ausnahmeregelung in der Praxis nur für folgende Anwendungsfälle vorgesehen: Der MICE-Veranstalter bezieht Eintrittskarten für Messen oder Tagungen und veräußert diese, kombiniert mit Hotel, Transfers oder Catering. Es entsteht ein sog. „Tagungspaket“. Diese Tagungspaket verkauft er regelbesteuert als Tagungsticket zum Steuersatz des Tagungszugangstickets weiter.
Die begrenzte Bedeutung dieser Ausnahmeregelung für die MICE-Branche ergibt sich aus folgenden Einschränkungen, die beim Verkauf des Tagungspaketes allesamt zutreffen müssen:
- Die Veranstaltung findet in Deutschland statt.
- Bei der Veranstaltung handelt es sich um eine der folgenden Ereignisse: Messe, Ausstellung, Tagung, Kongress, Symposium oder Seminar.
- Das Tagungspaket darf zusätzlich lediglich folgende Leistungen enthalten: Hotel, Transfers, Beförderungen und Bewirtung.
- Die Tagungspakete werden einzeln zum Gesamtpreis je Tagungspaket veräußert.
- Die Tagungspakete beinhalten auch den Eintritt zur Tagungsveranstaltung, d.h. es wird das Tagungsprogramm inkl. der inhaltlichen Programmpunkte der Tagung, und nicht lediglich der Tagungsraum oder eine Tagungspauschale weiterveräußert.
Beim Verkauf der einzelnen Tagungspakete an die Tagungsteilnehmer, weist der MICE-Unternehmer die Umsatzsteuer in der Rechnung aus. Der Tagungsgast kann, soweit er vorsteuerabzugsberechtigt ist, die Vorsteuer geltend machen.
Kombinationen mit Eigenleistungen führen zu umfangreichen Steuerberechnungen
Event-Veranstalter kaufen oft nicht sämtliche Leistungen zur Gestaltung eines Events ein. Oft werden z.B. bei Teambuilding-Aktionen oder Incentive-Reisen Teile des Veranstaltungsprogramms von eigenen Mitarbeitern vorgenommen. Dies ist oft der Fall bei Leistungsteilen, wie Betreuung der Teilnehmer, Moderation, Animation oder die Ausrichtung eines Barbecue.
In diesen Fällen unterliegt der selbst erbrachte Teil des verkauften Events der Regelumsatzsteuer und der hinzugekaufte Teil des Events der Margenumsatzsteuer. Es ist eine aufwendige Berechnung nach den Einzelpreisen, zu denen der Event-Unternehmer die Leistungen einzeln am Markt anbietet, vorzunehmen. Meist handelt es sich jedoch um individuelle Event-Pakete, die erst nach den spezifischen Wünschen des Kunden entstehen. Diese Leistungen bietet der Event-Unternehmer nicht auch einzeln am Markt an, so dass die genannte Methode für ihn nicht durchführbar ist.
In dem Fall schreibt die Finanzverwaltung eine noch umständlichere Berechnung vor: er hat die Aufteilung seines Verkaufspreises für das Gesamtevent im Verhältnis der ihm entstandenen Kosten für selbst erbrachte zu hinzugekauften Leistungen vorzunehmen. An Hand der Berechnung ermittelt er seine betragsmäßig abzuführende Regel- und Margenumsatzsteuer. Diese für die Erbringung der Veranstaltung anfallenden Umsatzsteuern berücksichtigt er bei der Kalkulation seines Gewinnaufschlags. Denn dieser sollte neben den Umsatzsteuern auch die Kreativ- und Organisationsleistung zur Entstehung und Erstellung des jeweiligen Events, die anteiligen Gemeinkosten sowie die anteilig anfallenden Ertragsteuern kostendeckend umfassen (Berechnung siehe Aufzeichnung zum Webinar vom 9. Juni 2022 oder Handout zur Webinaraufzeichnung).
Gerne kann er gemäß Kundenwünschen eine interne Kalkulation mit dem Kunden vornehmen. Die offizielle Abrechnung hat jedoch nach den neuen Vorgaben zu erfolgen, daher ohne Ausweis von Margenumsatzsteuer und unter Ausweis der Regelumsatzsteuer. Bei der internen Kalkulation gegenüber dem Firmenkunden ist neu zu beachten, dass der Event-Unternehmer seine Leistungen nun brutto für netto beziehen muss. Insgesamt wird durch die geänderte umsatzsteuerliche Behandlung der Gesamtpreis für die Ausrichtung des Events für den Firmenkunden teurer, ohne dass die Event-Agentur für sich einen höheren Gewinnaufschlag beansprucht hat.
Ausnahmen für bestimmte Leistungskombinationen
Event-Agenturen entwerfen für ihre Kunden nach Bedarf individuelle Leistungskombinationen zur Gestaltung von Event-Veranstaltungen. Beim Leistungsbezug behält der Event-Veranstalter sein Recht zum Vorsteuerabzug, z.B. bei Bezug von Musical-Karten in Verbindung mit einem anschließenden Restaurantbesuch. Dieses Leistungspaket wird unter Ausweis der Einzelleistungen sowie der Umsatzsteuer an den Firmenkunden weiterveräußert.
Eine abschließende Beurteilung, wie Leistungsbündel umsatzsteuerlich zu behandeln sind, gibt es leider nicht. Je nach Sachverhalt handelt es sich um regelbesteuerte Einzelleistungen oder margenbesteuerte Leistungskombinationen. Letztere liegen meist vor, wenn sie Betreuungsleistungen, Beförderungsleistungen oder Unterkunftsleistungen enthalten.
Klare Regelung nur für „Nur-Hotel“
Der Weiterverkauf von Einzelleistungen kann im Einzelfall bereits zur Margenbesteuerung führen. Unstreitig unterliegt die Weiterveräußerung einer einzigen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb ohne Zusatzleistungen, wie Frühstück, Spa etc. bereits der Margenbesteuerung. Dies wird sowohl von der Finanzverwaltung als auch von der Rechtsprechung so gesehen. Enthalten Leistungspakete nur eine Leistungsart, z.B. nur Beförderung oder nur Betreuung, ist Vorsicht geboten. Hier kommt es jeweils auf den Sachverhalt an.
Für eine abschließende Beurteilung von Leistungskombinationen im Veranstaltungsbereich sollte die Event-Agentur im Zweifelsfall einen Steuerberater/eine Steuerberaterin hinzuziehen. Im Umsatzsteuerrecht für Reise- und Eventleistungen ist es nicht anders als sonst auch im Steuerrecht: Der Anwender wünscht sich klare und praxistaugliche Regelungen; diese gibt es nur beschränkt, denn es gibt immer auch Ausnahmen von der Regel, komplexe Sachverhalte und Einzelfälle.